Im Vatikan und beim Klima ist alles erlaubt
Als neulich die Altmeister der Umweltbewegung, Dennis Meadows und Vandana Shiva, in Hamburg beim “Lesen ohne Atomstrom” mit dem Thema rüber kamen, konnte man es ja vielleicht noch vernachlässigen. Jetzt aber lädt Papst Franziskus zu einer eintägigen Klimakonferenz in den Vatikan, und er will es dort noch einmal betonen: Ein wichtiger Grund für die neuerliche Flüchtlingswelle aus Afrika sei der Klimawandel. Es ist anzunehmen: Wie in Hamburg so wird auch in Rom jede weitere Konkretisierung dieses Zusammenhangs ausbleiben, sie wäre schlicht nicht leistbar.
Aber es reicht ja schon, wenn der Papst Kraft seines Amtes mit einem solchen Argument die Schuld des Westens daran, dass in Afrika niemand mehr leben kann, in den abendlichen Fernsehnachrichten aufbaut. Es ist eben alles eine Glaubenssache, und im Vatikan und in der Klimafrage scheint da alles erlaubt. Wahrscheinlich wird ihn niemand aus seiner Umgebung darauf hinweisen, dass er sich mit diesem Argument der reinen Beliebigkeit aussetzt, und die Kirche, wenn auch politisch korrekter, so doch nicht unbedingt glaubwürdiger macht.
Billiger gehts nimmer, Franziskus!
Die Frage drängt sich auf: Welches Land soll es denn bitteschön sein, in dem der Klimawandel die Menschen zu der Entscheidung drängt, sich für viele tausend Dollar in die Hände krimineller Schlepperbanden zu begeben, die sie unter hoher Lebensgefahr aufs Mittelmeer locken? Syrien? Afghanistan? Sudan? Was ist dort los? Wie hat sich dort das Klima verändert? Ein bisschen mehr als trockener, feuchter, wärmer (wenn es denn so konkret überhaupt werden wird) sollte da schon zu hören sein, wenn eine solch gewichtige Äußerung in den Raum gestellt wird: Der Klimawandel sei eine wichtige Ursache für die derzeitige Flüchtlingsbewegung, wie es der Vatikan schon mal vorab den Agenturen diktierte. Zieht denn die Argumentation mit der Kolonialzeit, die vor einem halben Jahrhundert oder noch früher endete, nicht mehr, um unsere Schuld am Geschehen in Afrika und seinen failed states zu begründen, um jetzt mit wohlfeilen, haltlosen Begründungszusammenhängen wie dem Klimawandel aufzuwarten?
Der Klimawandel ist da, jawohl, wie immer, vielleicht ein wenig stärker als in früheren Jahrhunderten oder auch nicht, vielleicht ein wenig vom Menschen mitverursacht oder nicht. Aber er eignet sich nicht für jeden beliebigen Schuldvorwurf. Meadows, Shiva und jetzt auch Franziskus scheinen einfach auf das gängige Bild von Afrika zu setzen: Dort ist es heiß, weiß ja jeder, und wenn es noch etwas heißer wird, dann kann ja da niemand mehr leben, ist doch klar, was sollen wir das noch näher begründen, kann ja auch nichts mehr wachsen dort, oder? Was müssen wir uns um die Tücke im Detail kümmern?
Wenn wir schon bei Afrika sind: Der Klimawandel ändert den Monsun insoweit, dass die Sahara von Süden, aus der semiariden Sahelzone heraus tendenziell ergrünt und eben nicht austrocknet. Mehr zum ganzen Thema
hier und hier und hier und hier. Das Thema Unbewohnbarkeit der afrikanischen Länder wegen Klimawandel fällt also schon mal aus. Die Antwort auf die Frage, ob in Syrien der Klimawandel die Ursache für die Massenflucht ist, spare ich mir. Warum nicht auch für die Ukraine-Krise, das Erdbeben in Nepal? Auch ein Papst kann sich lächerllich machen, selbst wenn er es noch so gut meint.
Kann natürlich sein, dass man es im Vatikan genauso hält wie anderswo, dass nämlich der Präsens eingesetzt wird, wenn eigentlich der Futur gemeint ist. So nach der Devise: “Klimawandel treibt die Scheidungsrate hoch”. So einen – oder so einen ähnlichen – Unfug lesen wir ja bisweilen in einer Überschrift, und im Text selbst lesen wir dann, dass es sich um eine Annahme für das Jahr 2050 oder 2080 handelt. Eine Computermodell habe das so ergeben. Ja dann…